2012-07-31
Im Prinzip: Nein.
Radio Eriwan hat die FDP als Partei wahrgenommen, die einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit, hohe Gehälter, Boni und Aufwandsentschädigungen zu zahlen, grundsätzlich ablehnt. In der politischen Auseinandersetzung um hohe Managergehälter hat sie nicht nur eine Begrenzung, sondern sogar den gesetzlichen Zwang einer Offenlegung abgelehnt (z.B. hier): Der Staat soll sich aus der Lohnfindung heraushalten (aktuell z.B. hier am Schluss des Interviews).
Frage an Radio Eriwan: Hat Bundesgesundheitsminister Bahr (FDP) trotzdem einen Höchstlohn verordnet?
Im Prinzip: Ja.
Der Bundesrat verlangte vom Bundesgesundheitsminister mit Beschluss vom 11.05.12, in der geplanten Novelle der Approbationsordnung für Ärzte (AO) die Geld- und Sachleistungen für Medizinstudierende im Praktischen Jahr (PJ) auf den BAFöG-Satz zu begrenzen (wir berichteten hier; die Bestimmung findet sich inzwischen im BGBl 2012, Teil I, Nr. 34 v. 23.07.12 auf S. 1539). Dabei handelt es sich nicht um siebenstellige Gehälter, sondern um Entschädigungen, die Krankenhäuser Studierenden in diesem einjährigen Plichtabschnitt ihrer ärztlichen Ausbildung gewähren.
Gründe dafür: Um in einem Lehrkrankenhaus zu arbeiten, muss oft vom bisherigen Wohnort gependelt oder der Wohnsitz verlegt werden. Fehlende Zeit und eigene Küche verhindern eine Selbstverpflegung. Und nicht zuletzt werden im PJ Dienstleistungen erbracht, die mit zunehmendem Ausbildungsfortschritt immer mehr Züge ärztlicher Tätigkeit annehmen.
Radio Eriwan räumt ein, Äpfel mit Birnen zu vergleichen, sieht im Prinzip in der vorgesehenen Deckelung jedoch keinen Unterschied zu einem Höchstlohn.
Frage an Radio Eriwan: Musste Bundesgesundheitsminister Bahr (FDP) einen Höchstlohn verordnen?
Im Prinzip: Jein.
Die Rechtsverordnung AO kann der Minister zwar nur mit Zustimmung des Bundesrates erlassen. Mit einer Rechtsverordnung (hier mehr bei Wikipedia), setzt sich die Exekutive selbst Regeln. Innerhalb der demokratischen Gewaltenteilung kann nur verordnet werden, wozu der Gesetzgeber ausdrücklich ermächtigt hat. Radio Eriwans juristischer Laienverstand vermisst eine Begründung des Ministers, inwieweit die Bundesärztordnung (als ermächtigendes Gesetz) diesen Eingriff in die Freiheit der Krankenhäuser rechtfertigt.
Frage an Radio Eriwan: Ist Bundesgesundheitsminister Bahr (FDP) zu einem Eingriff in die Tarifautonomie ermächtigt?
Im Prinzip Jein.
Die Ärztegewerkschaft Marburger Bund hat in diesem (159 kB) Tarifvertrag mit HELIOS Kliniken für Studierende im PJ eine monatliche “Aufwandspauschale” von 700 € vereinbart. Der Bundesgesundheitsminister ist zwar zum Erlass der AO ermächtigt.
Die gesetzliche Ermächtigung zu einem Eingriff in die Tarifautonomie ist für juristische Laien wie Radio Eriwan nicht zu erkennen. Radio Eriwan hofft, dass gewerkschaftliche Rechtsexperten dies prüfen.