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Die Wüste als Ort der Kunst

Vortrag | Lecture
Ruhr-Universität Bochum, Forschungskolloquium "Was ist eine Wüste?", 12.05.-15.05.1997, May 14, 1997 |14.05.

In seinem 1991 erschienenen Buch "Phantasien der Askese. Über die Entstehung innerer Bilder am Beispiel der 'Versuchung des Heiligen Antonius'" beschreibt Peter Gendolla die Wüste als einen Ort der Kunst, an dem die inneren Bilder zu äußeren werden, als Katalysator künstlerischer Imagination. Inmitten der Luftspiegelungen, die sie hervorbringt, erscheint auch der Künstler selbst in der Rolle des von seinen Phantasmen heimgesuchten Asketen. Versuchungsdarstellungen von Malern wie Hieronymus Bosch, Pieter Breughel oder Matthias Grünewald, zunächst einmal nicht mehr als eine Illustration und Interpretation der Legende, können damit zu Programmbildern künstlerischen Selbstverständnisses werden, zu einer Reflexion der eigenen Kunstproduktion. Sieht Gendolla diese Tradition mit Flauberts Variationen auf das Antonius-Motiv an ein vorläufiges Ende gekommen, das den Reigen der Fiktionen im Ent-Bildungsprozess des Autors dem Nichts preisgeben wird, so vermutet er in diesem "Nichts, aufgerissen zwischen den Bruchstücken der Mythen, Religionen, der neuzeitlichen Konzeption eines schöpferischen Subjekts" zugleich die Quelle einer erneuten Bilderflut. Kronzeugen sind ihm dabei die Surrealisten, von denen sich einige 1946/47 mit Versuchungsdarstellungen an einem Wettbewerb für den Film "The Private Affairs of Bel Ami" beteiligen, und Luis Bunuel, der sich schon Ende der zwanziger Jahre mit der Figur des Anachoreten beschäftigt, um dann 1965 seinen Film "Simon in der Wüste" zu drehen. "Es handelt sich um den […] vorläufig letzten Schritt einer Reihe, die alle das Entstehen äußerer Bilder aus einem heftig gespannten Inneren beschreiben, wobei die Technik der Realisation allerdings immer perfekter wird. Aus den Wüstenspiegelungen des historischen Eremiten werden im 20. Jahrhundert die bewegten Bilder des Films."

Ich werde mit meinem Beitrag dort ansetzen, wo Peter Gendolla aufhört. Zu fragen wäre etwa, ob sich die Topik einer medial generierten Bilderflut tatsächlich als geeignet erweist, um die Geschichte der Wüste als eines Ortes der Kunst in die jüngere Moderne fortzuschreiben. Zunächst einmal muss jedoch interessieren, mit welcher Motivation zeitgenössische Künstlerinnen und Künstler seit den sechziger Jahren in die Wüste gehen. Dient die Wüste noch immer als Projektionsfläche und Katalysator künstlerischer Imagination? Und wie ist es um die Tauglichkeit des Anachoreten als Imago und Identifikationsfigur des Künstlers bestellt? Künstlerinnen und Künstler aus dem Umkreis der europäischen und US-amerikanischen Land Art werden im Mittelpunkt meiner Überlegungen stehen.

projekte: KünstlerInnen als Medien, [IN]VISIBILIA, TechnoNaturKulturen

dachprojekt: [IN]VISIBILIA

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