2010-03-08
Im Prinzip Nein.
Keinen Ärztemangel in deutschen Krankenhäusern meint der GKV-Spitzenverband, der Spitzenverband Bund der Krankenkassen, nach dieser Presseinformation zu sehen. Schließlich hätte die Zahl der Krankenhausärzte in den letzten zehn Jahren um 13%, die der Fälle nur um 4% zugenommen. Die Zahlen selbst und ihre Veränderung präsentiert er in zwei Grafiken als PDF-Dateien, die Zahl der Krankenhausärzte von 1998-2008 hier und die Fallzahlen im selben Zeitraum hier. Diese Zahlen sind ohne Zweifel richtig. Da mit der Einführung der DRG (Fallpauschalen) sich die Erhebung der Fallzahlen grundlegend verändert hat, ist deren Verlauf über diesen Zeitraum nicht vergleichbar. Wir wollen die Zahl der Krankenhausärzte näher betrachten und zeigen deshalb den Verlauf ab 2003. Zum besseren Vergleich haben wir die absoluten Zahlen auf den Ausgangswert (hier 2003 = 1) bezogen.
Frage an Radio Eriwan: Beschreiben diese Zahlen den Sachverhalt richtig?
Im Prinzip Nein.
Der GKV Spitzenverband sieht in der Debatte um den Ärztemangel "offensichtlich die Ouvertüre für die anstehenden Tarifverhandlungen" zwischen dem Marburger Bund und der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA). Dann dürfen wir aber auch nur die Zahl der Krankenhausärzte in den öffentlichen Krankenhäusern bewerten (wobei unsere Quelle, das statistische Bundesamt leider nicht zwischen den verschiedenen öffentlichen Arbeitgebern unterscheidet). Da in den letzten Jahren die Zahl der Teilzeitarbeit erheblich zugenommen hat, muss zudem statt der Kopfzahl die Zahl der Vollzeitkräfte verwendet werden.
Diese Zahlen stehen uns seit 2003 zur Verfügung, deshalb dieser Ausschnitt aus der Entwicklung. Die Zunahme 2003-2005 sowohl der Arztzahl als auch der Vollzeitkräfte in öff. Krankenhäusern (absolut 1.783,8) beruht vor allem auf der Übernahme der Ärztinnen und Ärzte im Praktikum (AiP), als der Gesetzgeber zum 1.10.2004 die AiP-Zeit abgeschafft hatte. Der Stellenzuwachs ist also in den öffentlichen Krankenhäusern noch nicht einmal halb so groß, wie ihn der GKV Spitzenverband sieht. Und auch dieser Zuwachs ist nur eine statistische Größe: Auch wenn die unterbezahlten ÄiP in der Statistik nicht als Krankenhausärzte mitgezählt wurden, von ihrer Arbeit profitierte die Versorgung der Patienten dennoch. Wenn die ÄiP mit eingerechnet werden, verbleibt von 2005 bis 2008 ein Rückgang von 1,3% (absolut 929 Vollzeitstellen).
Frage an Radio Eriwan: Hat die Arbeit der Krankenhausärztinnen und -ärzte wirklich weniger zugenommen als ihre Zahl?
Im Prinzip Nein.
Im Gegenteil: Die Bettenauslastung in den öffentlichen Krankenhäusern ist gestiegen.
Und die beschreibt noch nicht einmal die wahre Zunahme der Belastung. Dazu kommen noch:
Frage an Radio Eriwan: Hat denn der GKV Spitzenverband wenigstens Recht damit, der Ärztemangel in den Krankenhäusern sei eine Behauptung des Marburger Bundes?
Im Prinzip Nein.
Der Marburger Bund hatte in einer Pressemitteilung vom 3.02.10 lediglich diese Feststellung der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) vom 12.01.10 über den bedrohlichen Ärztemangel und die Anzahl der offenen Stellen aufgegriffen. Warum die damit verknüpfte Forderung der DKG nach einer Ausweitung der MVZ und infolgedessen noch mehr Arbeitsbelastung der Ärztinnen und Ärzte im Krankenhaus den Ärztemangel mildern statt verschärfen soll, hat auch Radio Eriwan nicht verstanden.
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